Weinviertler Shopping-Queen

jimmy

Neulich bin ich beim ‚Zappen‘ über eine Sendung mit dem Titel Shopping Queen gestolpert: Fünf Personen treten an, um den Titel ‚Bester Einkäufer der Woche‘ zu ershoppen. Das muss man sich einmal vorstellen: Die gehen einkaufen! Und denen kann man dabei zuschauen!

Ich geh‘ ja selber nicht so gerne einkaufen und konnte mich deshalb nicht sehr begeistern für diese Sendung, aber es hat mich schon ein bisschen amüsiert, dass etwas unternommen wird, damit den kleinen Kindern in Fernost nicht fad wird hinter ihren Webstühlen und in ihren kleinen Schneidereien.

Ich bin ja begeisterter Weinviertel-Shopper! Es ist mir kein Bauernladen zu klein, kein Ab-Hof-Verkäufer zu abgelegen und kein ‚Hauseinfahrts-Selbstbedienungsshop‘ zu umständlich, um meinen Lebensmittelbedarf zu decken. Da gibt es Paradeiser, die nicht nur wie Paradeiser aussehen, sondern auch wie solche schmecken. Und Obst und Milch und Eier und was weiß ich noch alles … Und wenn man Glück und Geduld hat, kann man die schönsten Gespräche aufschnappen. Ich lass‘ mir immer extra Zeit und tu beim Aussuchen so, als ob ich gute von minderer Qualität unterscheiden könnte, um Gespräche belauschen zu können, die es so in keinem Fernseher der Welt zu hören und sehen gibt. Da werden von weisen (und meist weißhaarigen) Damen große und kleine Skandale besprochen, während der pensionierte Gatte die ‚Ditta‘ ins Auto trägt. Und zwischen kleinen Gemüse- und Obstdeals werden weltpolitische Themen abgehandelt, für die man in Brüssel auch nach dreihundert Sondersitzungen noch keine Lösung hätte. Zum Beispiel: „Nau, die Wirtschoftskrise hoit si a scho gaunz schee laung!“ – „Nau eh, oaweit j kaana mehr wos!“ Oder: „Was sagn’s denn zu der Finanzkrise?“ – „Heans ma auf mit de! Lauta G’frasta! … und de Griechen brauchn a wieda a Gööd …“ – „Wer gibt denn uns wos?“ „Nau, und der Kriag in Syrien …“ – „Wo?“ – „In Syrien!“ – „Nau, mia foan heier eh ned in Urlaub. Haum’s a paar Zwetschkn fia an Powidl zum Eikochn?“ Ja, man kann schon was lernen in Bezug auf die Welt und wie man sie sehen kann. Und natürlich auch über’s Powidl einkochen.

So viel Wissen und Lebensweisheit rechtfertigt dann auch die vielen gefahrenen Kilometer und den damit einhergehenden ökologischen Fußabdruck, den ich bei solchen Touren hinterlasse. Aber bitte, so ein Supermarktparadeiser durchquert ja auch die halbe Welt, bis er bei uns im Regal ankommt und dann liegt der Paradeiser ein halbes Jahr zu Hause im Kühlschrank und wird nicht runzlig. Und es gibt Tipps für die Zubereitung und gratis Plastiksackerl und man kann natürlich auch kosten, ob die Marillen süß, die Paradeiser fleischig und die Birnen reif genug sind. Wo gibt’s das sonst noch?

Als ich neulich bei einem Billigsupermarkt (mit großem Bio-Angebot) einkaufen war, wurde ich von der nachdrängenden Kundenmeute fast zerfleischt, weil ich mit dem Verladen und Bezahlen der Ware heillos überfordert war auf dem winzigen Fleckerl, das mir der Großkonzern an der Kassa dafür zur Verfügung stellte. An diesen Kassen geht es um Leben und Tod! Um das (betriebliche Über)Leben der Kassierin und den (zwischenmenschlichen) Tod des Einkäufers, der von den nachdrängenden Artgenossen zum fluchtartigen Verlassen der Geldabgabestelle gezwungen wird.

Aber wahrscheinlich haben die es nur so eilig gehabt, weil sie nicht zu spät zur nächsten Folge von Shopping Queen kommen wollten und ich hab‘ das natürlich wieder persönlich genommen …

Von Jimmy Schlager

 

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