Das Foto von der Marschmusikwertung

jimmy

In einem kleinen Weinviertler Dorf lebte einst ein sehr engagierter junger Mann …

In seinem Bestreben der aktiven Teilnahme am Dorfleben engagierte er sich bei der Feuerwehr und beim Musikverein. Sein eher einfaches Gemüt ließ einen aktiven Dienst in der Kirche als Ministrant leider nicht zu, da die komplexen Handlungsabläufe während einer Messe für ihn nicht so einfach zu bewältigen waren. Bei der Feuerwehr war das einfacher. Beim Musikverein auch, wenn doch nicht ganz so einfach.

Das Erlernen eines Instrumentes welches an verschiedene Tonhöhen gebunden war (also fast ein jedes …) fiel aufgrund oben angedeuteter Gemütslage leider aus. (Nicht, dass man es nicht probiert hätte!) Aber es gibt Gottseidank ein Instrument,  das wirklich jeder spielen kann – nämlich die Trommel! Also bitte, mit zwei Holzstaberln irgendwo draufhauen, das kann ja wirklich nicht so schwer sein, oder?

Als diese Versuche aber an den eher humorlosen und unflexiblen Taktabständen scheiterten, übertrug man ihm in letzter Verzweiflung die ehrenvolle Aufgabe der Trommelhalterung. Also, der bewegten Halterung. Diese Tätigkeit wird im ländlichen Raum auch gerne mit einer Bezeichnung aus der Welt der Fabeltiere umschrieben – dem Trommelhund.

Aber wie es der Teufel so will, ist auch dieser Tätigkeit ein teuflisches Beiwerk zu eigen: der Gleichschritt. Und so sehr man sich auch abmühte, im Ernstfall konnte man sich nicht wirklich auf den Trommelhund verlassen. Immer wieder gelang es ihm, ganze Beerdigungszugstrecken lang im Wechselschritt zu hüpfen, weil der richtige Fuß einfach nie an der richtigen Stelle auftrat. Was dem Gesamtbild des Trauerzuges immer einiges an Würde kostete und den trommelnden Kollegen auf der Hinterseite der Trommel immer einiges an Treffsicherheit abverlangte. Aber damit konnte man leben. Toleranz ist schließlich eine wesentliche Stärke der Weinviertler (man beachte beispielsweise den nachsichtigen Umgang mit diversen Regierungen und Politikern …)!

Heikel wurde es nur bei der Victoria Secret-Show der Blasmusik: der Marschmusikbewertung! Hier durfte kein Risiko eingegangen werden! Kurzerhand wurde die große Trommel an den im Gleichschritt absolut sicheren Trommler gebunden und der Trommelhund bekam eine Tafel in die Hand gedrückt, auf der der Name der Ortskapelle stand und die er vor der Kapelle herzutragen hatte. Diese Tätigkeit hatte den Vorteil, dass sie aus der Bewertung der Blasmusikkapelle ausgenommen war. Unser Held war gerettet!

Als er voll Stolz im Stechschritt (hier war er ja alleine und konnte gehen wie er wollte) mit der Tafel vor der Musikkapelle einher schritt, hatte dies schon eine gewisse abstrakte Würde. Die schmetternden Kolleginnen und Kollegen im Rücken, hatte er eine Ausstrahlung wie einst Napoleon bei der Schlacht um Wagram. Er war derartig ergriffen von seiner Rolle, dass sich die vorgegebene Marschroute nicht und nicht den ihr zustehenden Platz in seiner Wahrnehmung erkämpfen konnte. Und als die Kreuzung, auf der es links zum Hauptplatz und der wartenden Jury ging, immer näher kam, entschied er sich, sich in alter Weinviertler Manier nicht von Ablenkungen irritieren zu lassen, und überquerte die Kreuzung mit festem Schritt in schnurgerader Richtung. Die blanken Stiefelspitzen auf dem gestreckten Fuß zeigten kerzengerade in Richtung Ortsende, Ortstafel und anschließender Landesstraße in Richtung Nachbarort.

Seine zwar takthaltenden, aber sonst eher taktlosen KollegInnen ließen ihn diesen schweren Gang aber leider ganz alleine gehen und bogen wie vorgesehen in Richtung Ortsmitte ab. Und es muss die akustische Änderung gewesen sein, die unseren schildertragenden Helden verunsicherte. Irgendwie hörte es sich so an, als würden die treulosen Gefolgsleute zum Feind überlaufen und so kam es zu einem Bild, wo ein junger Mann in Uniform, mit einem Schild in der Hand und mit gestrecktem Fuß in Richtung Sonnenuntergang ging, den Kopf unsicher und fast unnatürlich nach hinten gedreht. Dahinter sieht man eine Musikkapelle, die in halber Formation schon an der Kreuzung im rechten Winkel nach links abgebogen war. Und weil sie ihren schildertragenden Kollegen natürlich alle bei seinem Alleingang beobachten konnten, hatten ihre Gesichter ein Purpurfärbung, die nicht unbedingt nur vom fleißigen Blasmusikspiel kam.

Ich kann das Bild leider nicht hier abdrucken, weil es – erstens – die Identität der Personen dieser (frei erfundenen) Geschichte bekannt geben würde, und weil ich es – zweitens – gar nicht habe. Ich bin auch nicht sicher, ob so ein Bild überhaupt gemacht wurde. Ich hab die Geschichte so erzählt bekommen und das in solch bildlicher Sprache, dass es in mir pickt, wie in einem Fotoalbum. In welches Ihr nun schauen dürft. Wenn Ihr wollt …

Jimmy Schlager – ewig Euer!

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