Wiener Würze aus dem Weinviertel

mit Hafer, Süßlupinen und zwei fetten Awards kickt Karl Severin Traugott die Sojasosse aus den Küchen

Lern was G’scheites, können Sie Ihren Kindern sagen, und ihnen die Geschichte von Karl Severin Traugott erzählen. Denn auch wenn sie stellenweise ein bisserl wie ein Märchen klingt, ist sie doch Wort für Wort wahr.

Neben dem Erfolg, den dieses moderne Märchen dem engagierten Lebensmittelerfinder selbst einbringt, kann es auch Motivation für alle jungen Menschen sein, ihre Träume mutig Wirklichkeit werden zu lassen.

„Gelernt“ hat „Sevi“, wie ihn die Familie liebevoll nennt, Lebensmitteltechnologie. Im Laufe seines Boku-Studiums ist ihm dann die Süßlupine quasi zufällig über den Weg gelaufen. Und die Idee, dass diese bei uns schon fast in Vergessenheit geratene Hülsenfrucht, ähnlich wie Sojabohnen verarbeitet werden könnte. Schon war der Erfindergeist geweckt und Karl Severin Traugott, der mittlerweile als Tutor für Lebensmitteltechnologie an der Universität für Bodenkultur wirkte, bekam die Erlaubnis, die hochwertigen Ressourcen der Uni für seine ersten Lupinen-Experimente zu nützen.

Und tatsächlich – schon bald erwies sich das Süßlupinen-Hafer-Gemisch bei dem Projekt „die etwas andere Sojasoße“ als äußerst schmackhaft. Da sich ohnehin grade kein passender Job nach dem Studienabschluss anbot, beschloss der innovative Food-Experte – selbst seit Kindesbeinen leidenschaftlicher Koch – mit der neu kreierten Würzsoße in Produktion zu gehen und sich mit „Gewürzkoarl e.U.“ selbstständig zu machen. Mithilfe des Innovationsschecks, einer Förderung der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft, konnte Traugott an der Perfektion der Würzsoße
weitertüfteln und das Projekt zunehmend ins Rollen bringen.

Sauce im Flow

Überraschend schnell fand der erfinderische Jungunternehmer nicht nur eine geeignete Produktionshalle im Wolkersdorfer Industriezentrum, sondern konnte über ein gelungenes Crowdfunding weiteres Startkapital lukrieren. Und wie es eben so ist, wenn eine Sache im Flow ist, hat er zudem in den virtuellen Gebrauchtartikelmärkten den Großteil seiner Tanks zu unerhört günstigen Preisen erstanden. „Winzer, die ihre Kapazitäten aufstocken, sind oft froh, wenn sie ihre zu klein gewordenen Edelstahltanks schnell loswerden, und ich hatte da echt ein paar Mal Glück“, strahlt Karl Severin Traugott und zeigt stolz auf die stattliche Sammlung seiner Tanks in der kleinen Manufaktur.

Um sich in dieser Anfangsphase finanziell über Wasser zu halten, arbeitete der dynamische Neo-Unternehmer nebenbei als Lehrsanitäter beim Roten Kreuz in Korneuburg, während er zügig daran werkte, sein neues Unternehmen in die Gänge zu bringen.

Im September 2017 war es dann soweit: Mit großer Eröffnung legte das „Genusskoarl e.U.“ hochoffiziell los. „Das hat im Klartext bedeutet, einen Vertrieb aufzubauen, also von einer Tür zur andern Klinken putzen zu gehen. Aber auch da hatte ich wieder Glück. Ich hatte ein gutes Produkt und es ging eigentlich relativ schnell voran. Einer meiner ersten Kunden war Meindl am Graben“, erzählt er nicht ohne Stolz. Rasch wurde die „Wiener Würze“ auch bei Österreichs größtem Bio-Großhändler Biogast gelistet, womit ein weiterer großer Meilenstein gelegt war.

Ausgezeichnet!

Was sein soll, wird sein. So verwundert es auch gar nicht so sehr, dass die Wolkersdorfer Würzsoße im Rahmen der Wieselburger Biomesse zum „Bio-Produkt des Jahres“ gekürt wurde, was angesichts der innovativen Mitbewerber doch eine Riesenüberraschung für Karl Severin Traugott war. Dass die „Wiener Würze“ dann zwei Wochen später auch noch von Biorama zum „veganen Produkt des Jahres“ gekürt wurde, setzte dem Erfolg dann ein Sahnehäubchen auf. Gleich zwei so prominente Auszeichnungen für ein neues Bio-Produkt bedeuten natürlich auch gehörigen Auftrieb am Markt. Neben der aktiven Suche nach Vertriebspartnern trudeln seither auch Anfragen und Bestellungen quasi von allein herein, was den Jungunternehmer selbstredend freut.

„Mit der Wiener Würze sind wir mittlerweile bei rund 500 Vertriebspartnern in Österreich und bei rund 300 weiteren in Deutschland gelistet“, gibt sich Karl Severin Traugott aber doch vorsichtig optimistisch. „Das ist natürlich ein toller Erfolg, aber jetzt muss sich das Produkt auch längerfristig bewähren, beim Konsumenten gut ankommen und seinen Eingang als fixe Zutat in den Küchen finden.“

Zur rechten Zeit

Hier kommt ein weiterer Faktor zum Flow, denn die Zeit ist reif für alternative „Sojasoßen“. Neben Nahrungsmittelunverträglichkeiten, die Sojaprodukte zunehmend aus den Töpfen verbannen, spielt auch die Regionalität ihre große Rolle. Schließlich legt Traugott bei seiner Bio-Produktion nicht nur generell großen Wert auf (Bio-)Qualität, sondern auch auf Regionalität und Nachhaltigkeit. Die traditionell gebraute Würzsoße besteht lediglich aus österreichischen Lupinen, regionalem Hafer, Salz und Wasser und enthält keinerlei Zusatzstoffe. Die Zeit für ehrliche Produkte ist gekommen und das geschärfte Bewusstsein der Konsumenten für den ökologischen Fußabdruck eines Produktes verleiht der Wiener Würze einen weiteren Pluspunkt.

„Leider gedeiht die Süßlupine im Weinviertel auf unseren Böden nicht“, weshalb sich der Würzsoßenproduzent auf eine langwierige Suche nach entsprechenden Bio-Lieferanten machen musste. „Im ersten Jahr habe ich einen steirischen Landwirt gefunden, der die Süßlupine aus Interesse angebaut hat, leider fiel dann aber seine nächste Ernte wetterbedingt nicht so gut aus.“ Also machte sich der Jungbrauer neuerlich auf die Suche nach Partnern, was schon aufgrund der Tatsache, dass die Lupine in Österreich erst in den letzten Jahren wieder eine Renaissance erlebt, nicht ganz einfach war.

„Mittlerweile habe ich mir aber ein Netzwerk an Landwirten aufgebaut, sodass Rohstoffnachschub gewährleistet ist“, hat Karl Severin Traugott auch diese Hürde gut gemeistert. Mit dem nötigen Hafer sollte es hingegen keine Probleme geben, denn hier hat der Schwiegerpapa flugs seine Weinviertler Brachen in Bio-Land umgewandelt, auf dem nun der Hafer für die Wiener Würze gedeiht.

Helping Hands

Den nötigen Rückhalt bekam und bekommt der Jungunternehmer aber nicht nur von Seiten der Schwiegerfamilie. Auch seine eigene steht voll hinter ihm und seinem jungen Betrieb, und unterstützt, wo immer es nötig ist. Da sind auch gleich nach Neujahr alle zur Stelle, wenn es daran geht, eine gereifte Charge abzufüllen. Mit routinierten Handgriffen wird da geputzt, werden die Tische zurechtgerückt, Filter eingesetzt, Etiketten eingespannt und Leerflaschen vorbereitet. Ganz offensichtlich ist Familie Traugott hier nicht zum ersten Mal gemeinsam im Einsatz, denn die Handgriffe sitzen. Sind erst einmal alle Vorbereitungen abgeschlossen, geht es voran wie am Fließband: Abfüllen, Verschließen, weiter zum Etikettieren. Selbst Traugotts kleiner Bruder Rudolf darf mithelfen und die neuen Etiketten, die die Wiener Würze als Bio-Produkt des Jahres kennzeichnet, aufkleben. Der Chef selbst wirft noch ein letztes kritisches Auge auf jede der Flaschen, bevor er sie im Verpackungskarton verschwinden lässt …

Den ganzen Artikel lesen Sie in der Wein4tlerin Ausgabe Frühling 2019

 

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