Starkes Comeback: Ramona & René Pollack

Die Welt von Ramona und René Pollak ist Rock’n Roll auf Weinviertlerisch. Ohne Jukebox. Ohne Diner. Eben so, wie damals. Bei Oma.

Kaffee im klassischen Lilienporzellan, Musik aus Omas alter Musiktruhe und auch sonst sind die 50er-Jahre sehr präsent – durchgestylter Rockabilly-Look wohin das Auge schweift. Klar war es da nur eine Frage der Zeit, wann sich die Weine des jungen Weinviertler Winzers aus Unterretzbach anpassen. Und doch … ganz so einfach, wie es scheint, war’s dann auch wieder nicht.

Wenngleich es ganz klassisch begann bei René Pollak, dem Bruder des bekannten Unterretzbacher Gastronomen Harald Pollak. Der Weg ins elterliche Weingut war mit dem Abschluss der Weinbauschule für den Jungwinzer geebnet, Vorbereitungen für seine Nachfolge waren getroffen. Schließlich gehört Papa Pollak nicht zu jenen, die für die Jungen keinen Platz machen. „Ganz im Gegenteil“, erinnert sich René zurück, „er hat mir jeglichen Freiraum gelassen und war sehr offen für neue Ideen.“ Eigentlich ein toller Start ins Berufsleben, und doch … nach zwei Jahren beschloss er eines Tages zum Entsetzen der Eltern, dem Weinbau den Rücken zu kehren. Gesagt, getan, heuerte er als Optikerlehrling in Hollabrunn an, wo er die Ausbildung mit Auszeichnung abschloss und als wertvoller Mitarbeiter geschätzt wurde. Auch Freundin Ramona, ebenfalls reinrassige Unterretzbacherin, war zufrieden. „Ich wollte nie einen Landwirt heiraten“, lacht sie nun im Nachhinein über die verschlungenen Wege des Schicksals.

Heimkehrer

Sechs Jahre später: Als Optiker erfolgreich, hatte René Pollak viel erreicht. Und langsam drängte in ihm der Winzer wieder in den Vordergrund. „Ich habe ein halbes Jahr gebraucht, um abzuwägen, ob ich mir mit René und unseren beiden Kindern ein Leben als Winzersfrau überhaupt vorstellen kann. Aber letztlich waren wir uns einig und heute bin ich froh über unsere Entscheidung“, erzählt Ramona Pollak.

Der typische Weinviertler Winzer war René ja schon rein optisch nie, mit seinem sehr individuellen Look, gefärbten Haaren und Tattoos. Und so versuchte er wieder seinen eigenen Platz zu finden, während er sich im elterlichen Weinbaubetrieb einarbeitete. Und zwar ohne sich vor lauter Anpassung verbiegen zu müssen und seine Individualität zu verlieren. Kein einfacher Balance-Akt für den jungen Vater, der sich nie als konventioneller Weinbauer sah, damals aber die 14 Hektar Weinbaufläche erst einmal nach Vorbild der Eltern führte. „Natürlich habe ich auch zugesehen, was andere Kollegen so machen. Aber ich fand mich nirgends wieder und war immer auf der Suche nach meiner eigenen Nische.“

Messen und Weinpräsentationen spiegelten dem jungen Winzer genau das, worunter er litt. Er war einer von (sehr)vielen ohne eigener Geschichte. Und das ist auch fürs Geschäft nicht so gut. Also setzte er sich entschlossen hin und schrieb auf der Suche nach Authentizität und Individualität sein Konzept. „Ich habe versucht herauszuarbeiten, wer wir sind, wer wir sein wollen, was uns Freude macht.“ Dabei rückte die Faszination Rockabilly so stark in den Vordergrund, dass die beiden begannen, darüber nachzudenken, wie sie sich mit dem Wein verbinden ließe.

Auf zu neuen Ufern

Anfangs noch ein wenig scheu, entstanden dann die ersten Ideen. Eine Tätowiererin zeichnete Bilder für Weinetiketten, Logos wurden kreiert und dennoch – ganz sicher waren sich die beiden ihrer Sache noch nicht. Aber wie das dann eben manchmal geschieht, bemühte sich das Schicksal um den nötigen Stups. Und was erst wie ein herber Schlag aussieht, erweist sich oft im Nachhinein als Segen. Die Pollaks jedenfalls fassten aus einem gesundheitlichen Streifschuss den nötigen Mut zum Durchstarten. „Da wird einem schnell bewusst, dass das Leben kurz ist und man das Beste draus machen muss“, erinnert sich René Pollak an diesen Schock, der zum Start für den neuen ›Rockabilly Weinkult‹ wurde.

Bei einer Weinmesse hatte René Pollak dann auch gleich Gelegenheit, sich im neuen Look zu präsentieren und zu prüfen, wie das Konzept mit der Individualität ankommt. „Viele Neugierige kamen da auf mich zu und ich ging nicht mehr wie vorher in der Menge der Kollegenschaft unter. Da wusste ich, dass es die richtige Entscheidung war“, freut sich der Rock’n Roll-Winzer, dass er nun mit echter Authentizität punkten kann. Die ersten Marketingaktivitäten in der Social Media Welt brachten ebenfalls rasch zahlreichen Zuspruch und in der Rock’n Roll-Szene ist man nun froh, einen eigenen Rockabilly-Wein zu haben. Nicht nur in Österreich,

sondern auch in den Nachbarländern und sogar in Amerika entstanden rasant neue Kontakte, sodass die beiden kaum Zeit finden, sich über den großen Erfolg ihrer Idee richtig zu freuen. „Wir haben plötzlich unglaublich viele Termine, sind bei Veranstaltungen eingeladen, unsere Weine zu präsentieren, veranstalten Weinpräsentationen für Rock’n Roll interessierte Weinfreunde und brauchen oft Stunden, um alle Anfragen zu beantworten“, lacht Ramona Pollak glücklich.

Trotz allem Trubel – Zeit zum Heiraten nehmen sich die beiden in diesem Jahr auf jeden Fall, denn nach zehn Jahren glücklicher Ehe soll in diesem Jahr die kirchliche Trauung folgen. „Durch den Schicksalsschlag im vergangenen Jahr haben wir gelernt, dass wir manche Dinge einfach noch ein bisserl wichtiger nehmen müssen.“ So wie den Wunsch, die eigene Individualität zu leben – privat wie beruflich.

Das Weingut bewirtschaftet mittlerweile rund vierzig Hektar Weinbaufläche, sodass auch die traditionelle Weinlinie Pollak nicht zu kurz kommt. Womit einmal mehr bewiesen ist, dass sich Tradition und Moderne auf ganz neue Weise dennoch wunderbar auch im eigenen, neuen Stil verbinden lassen. Geradezu vorbildlich, könnte man sagen … 

Ausgabe Sommer 2014
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