Wos tuat ma ned ollas …

jimmyEine Arbeit zu haben, ist etwas Schönes! Nicht nur, weil es die inhaltslose Zeit des Erdenlebens mit einer Aufgabe füllt, sondern auch, weil man sich dank der damit verbundenen Entlohnung sein Leben leisten kann. Und wegen fast nichts kann man sich so schön aufregen, echauffieren oder betrinken wie wegen seiner Arbeit. Und der schlimmste Faktor dabei sind fast immer – die Kollegen! Und wie bei so vielen Dingen im Leben glaubt man, deren wahren Wert erst dann zu erkennen, wenn man sie nicht mehr hat.

Eine Lagerarbeiterin eines Lebensmittelbetriebes kann davon ein Lied singen – wenn auch kein allzu schönes …Als sich das Geschäftsjahr bei seiner quartalsmäßigen Abrechnung in einem durchaus saisonbedingten Minus wiederfand, versuchten die im Weitblick geschulten Manager des Unternehmens mittels Personalreduktion die Fehlplanungen der vorangegangenen Quartale wieder auszugleichen (… sie werden bei ihren Einstellungsgesprächen ja meist auch nur gefragt, wo sie sich in fünf oder zehn Jahren sehen, da muss einem ein quartalsmäßiger Zeitabschnitt ja wie ein Wimpernschlag vorkommen …).

Natürlich wurde das Personal nicht an der Stelle reduziert, die für das finanzielle Manko verantwortlich war. Dies wäre zwar aus finanzieller Sicht wirkungsvoller gewesen, hätte aber jedoch zwangsläufig zu einer Neubesetzung der fehlbesetzten Stelle geführt, die auf Grund unqualifizierter Nachfolger (siehe Einstellungs-Gesprächsfragen) wieder nur mit der Einstellung eines unfähig Befähigten geendet hätte. Viel einfacher war es da, sich die Bauernopfer in den Reihen zu suchen, deren Opferbereitschaft sehr groß war. Und wie groß die war …
Da die Arbeit und das Elend alle Menschen gleich machen, ist der Pausenraum des ortsansässigen Unternehmens nicht in Ober- und Unterschichtarbeiter getrennt und so kommt es, dass sich darin von der Putzfrau bis zum Herrn Direktor alles trifft. Natürlich nur, wenn der Herr Direktor da ist. Und auch Hunger hat.

Kurz nachdem die sanierende Personalreduktion an die diversen Delinquenten verkündet wurde, saß eine verzweifelte Lagerarbeiterin tränenüberströmt und appetitlos am Mittagstisch — sie war eine der Auserwählten. Vielleicht, weil sie einfach die Letzteingestellte war? Vielleicht. weil ihre einfache Tätigkeit ganz einfach von anderen Kollegen mitbetreut werden konnte? Vielleicht, weil man ihr aufgrund ihrer Einfachheit diese Tatsache einfacher mitteilen konnte?
Einer einfachen Überbrückung über das Arbeitsamt bis zur nächsten saisonalen Einstellung, die einer Fehleinschätzung der Geschäftsleitung zur Folge sicherlich bald eintreffen würde, wollte und konnte sie einfach nicht hoffnungsvoll entgegensehen. Sie konnte und wollte generell nicht allzuweit sehen.

In ihrer Verzweiflung suchte sie Trost bei den Kollegen. Und auch das war nicht gerade einfach. Einer von ihnen, ein feinfühliger Zeitgenosse, hatte in der Analyse des Entlassungsgrundes eine völlig andere Vorgehensweise. Er suchte das Manko nicht in der Misswirtschaft und Fehleinschätzung der Führung (das machen ja all diese Looser, die es nicht in das obere Management geschafft haben), sondern versuchte eher den Fehler in einem zwischenmenschlichen Fehlverhalten der Lagerarbeiterin gegenüber ihren Chefs zu orten. Seinem Verständnis nach ist das hierarchische Verhältnis zwar auf beruflicher Ebene eindeutig geregelt, jedoch war er der Meinung, dass auch der Übergang in den zwischenmenschlich-privaten Bereich weiter gehen sollte, als es bei besagter Dame der Fall war. Und so kam er nicht umhin, ihr einen kollegialen Tipp zu geben, der ihr — wenn schon nicht mehr in diesem Job, dann wenigstens in allen zukünftigen Arbeitsverhältnissen — weiterhelfen sollte! Auf ihre weinende Frage, warum gerade sie?, reagierte er mit der einfühlsamen Antwort: Na, wahrscheinlich hast di ned schnackseln lassen!“

Ein wahrhaft wichtiger Rat, den man in so einer Situation bestimmt gut gebrauchen kann! Aber bitte, solche Kollegen gibt es wahrscheinlich überall, wenngleich woanders aus Pietätsgründen vielleicht in Abwesenheit der Betroffenen. Interessanter aber ist die Antwort der Angesprochenen, die sich den Ratschlag anscheinend mit weinerlicher Bedrückung sehr zu Herzen nahm und ebenso laut wie überzeugt quer über den großen Esstisch schluchzte: „Nau, es hot jo kaana wos g’sogt!“

Das ist wahre Einsatzbereitschaft! Und die Kollegenschaft verbrachte den Rest der Pause in beschämter Nachdenklichkeit über ihre eigene Loyalität gegenüber der Geschäftsleitung … und auch die der anderen Kollegen. Und vor allem die der Kolleginnen …

Jimmy Schlager – ewig Euer!

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