Wein aus Frauenhand: Weingut Schüller

Die Macht der Drei

Am Pillersdorfer Weingut Schüller teilen sich gleich drei Frauen das Regiment. Wenngleich es erst einmal schwere Schicksalsschläge waren, die Mama Helga und ihre beiden Töchter auch beruflich so zusammengeschweißt hatten. Denn als Josef Schüller kurz vor der Lese einst schwer erkrankte, musste seine Frau wohl oder übel ins kalte Wasser springen und sich von einem auf den anderen Tag um die Weinernte kümmern. Schon damals halfen die Töchter Kerstin und Nadine natürlich fleißig mit und unterstützten die Mutter auf jede nur erdenkliche Weise.

Aus ihrer Liebe zum Wein, zur Natur und zum Familienbetrieb schöpfte Helga Schüller die nötige Kraft, um auch den nächsten Schicksalsschlag zu überstehen, als Winzer Josef die Familie 2010 für immer verlassen musste. Noch enger rückten Mutter und Töchter zusammen und Kerstin, die damals ihr Studium gerade beendet hatte, bot in dieser schweren Zeit an, in den Betrieb einzusteigen und mitzuhelfen. In freien Zeiten absolvierte sie Lehrgänge der Önologie an der Universität für Bodenkultur und die Ausbildung zur Weinbaufacharbeiterin, während Nadine die Handelsakademie abschloss und Betriebswirtschaft studierte. Doch ihr Interesse am theoretischen Wissen währte nicht lange, wo doch daheim der erfolgreiche Winzerbetrieb jede hilfreiche Hand gut gebrauchen konnte. Seit 2012 ist nun auch sie fixer Bestandteil des Schüller-Teams. „Ich habe dann im zweiten Bildungsweg die Ausbildung zum landwirtschaftlichen Facharbeiter absolviert und im kommenden Herbst starte ich auch mit dem Weinbaufacharbeiter“, erzählt Nadine, die heuer schon mit dem Sieg der Schlossquadrat Trophy einen ersten großen Erfolg als Jungwinzerin einfahren konnte und damit natürlich ordentlich ins Rampenlicht gerückt ist.

Dabei hat sich die jüngere Schüller-Tochter in der Öffentlichkeit eigentlich bislang immer lieber im Hintergrund gehalten. Doch 2016 sollte für Nadine ein schicksalshaftes Jahr werden, denn schon bei der DAC-Präsentation in Wien musste sie ganz unvorhergesehen alleine die Stellung halten, weil Kerstin und Mama Helga die Grippe heimgesucht hatte. „Im ersten Moment war das ein richtiger Schock! Ich war zwar schon einmal mit Kerstin gemeinsam bei der DAC Präsentation, aber natürlich ist es ganz etwas anderes, wenn man plötzlich alleine für alles verantwortlich ist.“ Begleitet von ihrem Lebenspartner sprang sie – ganz wie einst Mama Helga – notgedrungen ins kalte Wasser und siehe da – alles lief ganz wunderbar und sehr erfolgreich. „Das war dann gleich auch eine gute Feuertaufe für die Schlossquadrat Trophy, für die mich meine Schwester nominiert hatte. Denn da musste ich dann ja auch unsere Weine und unser Weingut vor der Fachjury und dem Publikum präsentieren“, schmunzelt Nadine im Nachhinein, denn alle Herausforderungen hatte sie bravourös gemeistert und sogar den Trophy-Sieg als erste Frau überhaupt eingefahren.

 

Rundum harmonisch

Wenngleich natürlich auch heute noch alle drei Schüller-Frauen fest zusammenhalten, hat doch jede von ihnen ihren Platz und Verantwortungsbereich im Betrieb gefunden. Kerstin ist Chief-Winemaker und Herrin über das Kellerreich, Nadine regiert Marketing und Administration und Mama Helga macht sich gerne mit dem Auto voller Wein auf die Reise zu Kunden, um zu liefern, die Weine zu präsentieren und Kontakte zu pflegen und zu knüpfen.

Im Weingarten indes arbeiten alle drei Frauen Hand in Hand zusammen. Da wird auch nicht vor schwerem Gerät Halt gemacht. Traktoren, Stapler und Lesemaschine sind für die Schüller-Mädchen Normalität, beide haben Führerscheine bis Gruppe E und wer zusehen darf, wie geschickt Kerstin den Gabelstapler durch die Halle navigiert, erkennt, dass die drei Frauen allen Herausforderungen ihres Berufs ganz wunderbar gewachsen sind.

So verläuft der Arbeitsalltag auf dem Weingut im Pulkautal sehr harmonisch, was allen drei Frauen auch ein großes Anliegen ist. „Wichtig ist, dass jede von uns ihren Aufgabenbereich hat, in dem sie die Verantwortung trägt, aber im Grunde arbeiten wir natürlich sehr eng zusammen“, verrät Kerstin Schüller.

Harmonisch ist aber hier nicht nur der Umgang der drei Frauen miteinander. Auch beim Ausbau der Weine legt die vinophile Triade Wert auf fruchtige Harmonie. Und trifft damit bei der Kundschaft voll ins Schwarze! Besonders geschätzt sind die Schüller’schen Weine in Salzburg und Tirol sowie in Deutschland. Und auch bei den Kundenbeziehungen, die Helga Schüller schon über viele Jahre lang pflegt, ist Harmonie angesagt. „Wir haben uns auf die Direktvermarktung spezialisiert und mögen das einfach auch sehr, unsere Kundinnen und Kunden persönlich zu kennen und zu beliefern“, so Helga Schüller, die mit Freude durch die Lande reist und sich mit Kunden und Weinfreunden austauscht. Der freundschaftliche Kontakt mit den vielen lieben Menschen, die sie schon über Jahre begleiten, ist ihr Elixier und auch das Reisen macht ihr viel Freude.

Obendrein gibt es ihr die Möglichkeit, den beiden Töchtern das Feld daheim zu überlassen, denn Helga Schüller hat mit dem Loslassen so gar kein Problem. Seit dem vergangenen Jahr führen Kerstin und Nadine das Weingut selbstständig und Mama Helga hat sich privat eine neue Bleibe gesucht. „Wir arbeiten gut und sehr gerne miteinander, aber privat sollten Alt und Jung nicht unter einem Dach sein. Da ist Distanz gefragt“, ist sie überzeugt und blickt voll Stolz auf ihre beiden Töchter, die das Steuer des Weinguts fest im Griff haben und für das Vertrauen ihrer Mama dankbar sind.

„Natürlich wollen wir mit der Zeit auch einige Dinge verändern“, sind sich Kerstin und Nadine einig. „Aber dabei soll die Substanz unseres Weinguts erhalten bleiben.“ Sanft modernisieren, bodenständig und erdig bleiben und sich stets dankbar ihrer Wurzeln bewusst sein – das ist die Zukunftsvision der beiden Frauen, die auch beim Vinifizieren Wert auf behutsame Verarbeitung der Trauben legen, die zu jenen besonderen Weinen führen, für die sie schon so oft ausgezeichnet wurden.

Serie Wein aus Frauenhand, Wein4tlerin Herbst 2016

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