Mitzirella – eine Frau mit Geschmack und Würze!

von Jimmy Schlager

Wenn das Leben immer so einfach und geradlinig verlaufen würde, wie man sich das gerne vorstellt, dann wäre es mindestens so fad wie eine Packlsupp’n mit Instant-Fritatten. Das Leben ist wie kochen. Fantasievoll fordernd, wie das Erstellen einer Speisekarte, anschpruchslos eintönig wie Erdäpfelschälen und Schnitzel panieren, launisch und kritisch wie die zu bekochenden Gäste, aber dafür mit großen Emotionen verbunden, wenn ein Gericht und eine Menüfolge gelingen oder man sich nur die Augen beim Zwiebelschneiden ausweint. Aber meist schmurgelt es nur so dahin, wie der große Topf in der Küche mit Gemüsefond zum aufgießen.

Der Lebensplan von Mitzi (die nennen wir jetzt einfach so) hätte eigentlich eine Beamtenkarriere als Lehrkörper vorgesehen. Die Mama wollte das. Und ich glaub, die Tante auch … oder eine Freundin der Mama. Aber Mitzi wollte nicht. Wer weiß für was es gut war …? Maria Barelli wollte kochen. Oder einkochen. Auf jeden Fall etwas erschaffen, das man essen kann und das Menschen eine Freude bereitet. Das ist das ganz große Theater! Das kleine Theater spielt sie als Hobby. Erst bei diversen Vereinen, jetzt mit ihrer selbstgegründeten Theatergruppe, für die sie die Stücke selber schreibt. Bis jetzt liest sich das ja fast romantisch,
oder? Aber keine Angst, das Leben ist kein Rosamunde Pilcher-Roman, das Leben ist – wie eingangs beschrieben –
ja angeblich wie kochen. Und manchmal ist es halt kein lauwarmer Erdäpfelsalat der Zeit braucht, um in der Marinade zu „ziehen“ …


Exkurs #1:
Deshalb heißt das auch Marinade!
Der Ausdruck kommt – wie so viele gute Dinge in der Küche – aus dem
Französischen, weil der Salat darin eine Weile verbringen muss, um sich mit
den Aromen zu vereinen!


Eine Salatsauce, die kurz vor dem Servieren über die (meist grünen) Salate gegossen wird, nennt man „Dressing“ … nur damit sie das beim nächsten Mal nicht falsch verwenden, gell! Nein, manchmal ist das Leben wie Erdäpfelkochen im Kelomat.


Exkurs #2:
Das ist jetzt wieder so ein Beispiel
von guter Werbung. Ein Schnellkochtopf wird noch immer mit
dem Herstellernamen verbunden, obwohl es noch unzählige Anbieter am
Markt gibt, bleibt der Schnellkochtopf ein Kelomat.
Und der Haarspray ein „Taft“ …


Der zähflüssig-romantische Brei aus Theaterspielen und Marmelade einkochen wurde jäh beschleunigt, als die berufliche Kochtätigkeit in diversen Gastroküchen dazukam. Von der Wiener Nobelküche bis zu Marchfelder Frittiertempeln war sich die Mitzi für keine Tätigkeit zu schade und immer gern gesehene Köchin in den diversen Bereichen. Und wenn man einmal so drinnen ist in „der Gastro“, dann wird man ganz leicht süchtig. Die Mischung aus Stress, Perfektion, Improvisation und Automatismus erzeugt eine Leidenschaft für die Arbeit, ja fast einen Zauber. Und wenn man dann um ein Uhr Früh im Hinterhof einer Wirtshausküche eine Verschnaufzigarette raucht (die erste seit Stunden), dann fühlt man sich, als ob man auf einer Palatschinkenpfanne durch einen Tornado geritten wäre. Und das ist ein gutes Gefühl …

Nach diversen Lehr- und Wanderjahren hat sie nun anscheinend den Platz gefunden, an dem sie ihre Visionen nicht nur umsetzen kann, sondern auch muss. Begonnen hat sie in der Küche des Weydner Wirtshauses als Köchin. Küchenchef war ein anderer, nicht sie. Aber das war schon okay, da kann man in Ruhe arbeiten, muss keine Lorbeeren mit sich herumtragen und auch die eine oder andere Unzufriedenheit mancher Gäste wurde über die Chefkoch-Membrane gefiltert. Es war ein ruhiges und schönes Leben. Gemütlich dahinköchelnd wie ein Wildfonds in der hinteren Ecke des Gasherds. Und dann kam das Salz in die Suppe! Der Chefkoch wollte irgendwann nicht mehr Chefkoch sein und hat sich – wie es so schön in der Wirtschaftssprache heißt – „weiterentwickelt“! Sowas kommt vor, die Welt ist groß und Küchen gibt es genug und überall. Auf Mitzis neugierige Frage, wer denn nun als neuer Chefkoch den Küchenbetrieb leiten würde, bekam sie die beflügelnde Antwort: „Na du!“ Gratulation! Jetzt ist quasi der Moment gekommen, wo der Paprika zum glasig gedünsteten Zwiebel kommt.

Nach einiger Zeit hatte sie Küche, Speisekarte und Personal so gut im Griff, dass sich der Duft der Wirtshausküche über die Bezirksgrenzen hinaus verbreitete. Was hier gekocht wird, ist am ehesten mit dem Wort „ehrlich“
umschrieben. Die berühmten – und weitaus abgedroschenen – Schlagworte „regional“ und „saisonal“ finden sich in der Beschreibung natürlich wieder und wenn der Wirt Franz Neduchal (der nebenbei Bio Bauer und Vizebürgermeister ist) am Vormittag mit einem Weidenkorb voll frisch geernteter Wiesenchampions von der Feldarbeit vorbeischaut, dann sind die Mittags oft schon auf der Karte.


Exkurs #3:
Es ist meist kein Weidenkorb, sondern ein
Karton, also,
eine Schachtel, kann auch ein Plastiksackerl
seinund vielleicht
sind sie auch nicht unbedingt
auf seiner eigenen Wiese gewachsen,
die Schwammerl.
Aber das Weidenkörbchen passt so schön in das romantische
Bild, an dem ich mich da gerade so abmühe…



Die Preise, das ist auch so eine Sache: „büllig und vüü“, im Sinne der All-you- can-eat-Mentalität war ihre Sache nie. Und das ist ein angenehmer Lichtblick  in der ländlichen Gastrolandschaft, wo sich manche Betriebe im Preiskrieg an der Menüfront gegenseitig in den Ruin kochen. Die Argumente der Chefköchin: „Es gibt drei Gründe, warum die Preise so sind wie sie sind: Ich kann die Lieferanten bezahlen, ich kann mein Personal bezahlen und ich esse das auch gerne selber! Na, und weil man ja bekanntlich „ist was man isst“, isst man hier beruhigt und gut. Sind Sie, geneigte Leserin und Leser schon neugierig? Kommt schon der Appetit? Jetzt kommt noch der Hauptgang! Nach einiger Zeit auf der Brücke des Küchendampfers erfuhr die motivierte Jungköchin bei einer „Betriebsversammlung“, dass sich auch ein Teil des Wirte-Ehepaares „weiterentwickeln“ wollte. Die Wirtin war plötzlich keine mehr und auf die Frage der Küchenchefin, wer denn das Gasthaus nun weiterführen werde, bekam sie welche Antwort? Na, was glauben Sie? Erraten! „Na, wenn du es nicht machst, dann sperrma zua! Jetzt ist der würfelig geschnittene „Wadschunken“ im Topf! Jetzt wird geschmort!


Exkurs #4:
Unter „Wadschunken“ versteht man das sehnige Fleisch
der Kuhwadeln, den Wadenschinken.
Das war das mindere
Fleisch des Tieres und wurde
gerne den Hirten überlassen, die es dann würfelig
schnitten und in einem großen Topf überm Feuer mit viel Zwiebel und Paprika so lange kochten, bis es weich war. Bei uns ist diese Speise bekannt als
„Gulasch“, in Ungarn bekommt man, wenn man ein „Gulyash“ bestellt, eine würzige Suppe! Das dickflüssige, unserem Gulaschähnelnde Gericht wiederum heißt in Ungarn „Pörkölt“. Fragen Sie mich nicht, was das heißt und warum das so ist, ich hätte das sonst als fünften Exkurs hier aufgeschrieben. Das Wort Gulyash kommt wahrscheinlich von dem Wort „Gulya“, dass im Ungarischen so viel heißt wie „Herde“ … wollt´s nur gesagt haben …


Und jetzt ist die Mitzi die Wirtin, die Küchenchefin und der Geist des Hauses in einer Person! So schnell kann das gehen. Und sie macht das wirklich gut. Irgendwie hat man das Gefühl, dass das genau so passt und dass sie in dem Wirtshaus ihre Ansprüche und Erwartungen vereint hat und nun das lebt, was sie will. Sie kann hier kochen,
kann etwas erschaffen und sie kann Theater spielen. Denn so ein Gastro-Betrieb ist eine wunderbare und großartige Bühne! Man ist immer nah am Kunden, verkauft sich und seine Arbeit direkt. Das ist ehrlich. Das ist lebendig. Und es ist immer spannend, immer in Bewegung. Denn wer weiß, vielleicht würzt das Leben noch nach und die Maria Barelli wird noch zur Frau Vizebürgermeisterin gewählt … Wir werden sehen. Bis dahin wird aber noch viel Auwild-Ragout aus der Küche getragen und noch viele Erdäpfelsalate mariniert werden! Warum? Na, warum nicht? Weil’s gut ist, weil’s Spaß macht und weil’s schmeckt!
Mahlzeit!

Da geht’s zur Mitzi

 

 

 

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