Jazz Gitti: 30 Jahre und kein bisschen leise …

Die Langzeit-Stimmungskanone feiert ihr 30-jähriges Bühnenjubiläum und lässt sich in ihrer Biografie ›Ich habe gelebt‹ ein bisserl ins Leben schauen. Die Wein4tlerin hat das Original zur Plauderstunde getroffen.

Wir treffen uns in Korneuburg im Kaffeehaus, weil ›auf so Homestories steh i ned so‹. Aber wir sind ja ohnehin am Menschen und der Künstlerin Martha Butbul interessiert und weniger daran, wie die Jazz Gitti in ihrem Leobendorfer Zuhause lebt. Gleichzeitig treffen wir am Parkplatz ein und sofort fällt mir auf: Martha Butbul hat wieder ordentlich abgenommen! Beim Kaffee erzählt die Diabetikerin bereitwillig, wie sie ihren Körper nach einem anstrengenden Jahr mit Knieoperation und Rückenschmerzen wieder auf Vordermann bringt. Sie folgt mit eiserner Disziplin einem ganz speziellen Ernährungsplan mit weißen und grünen Tagen, verzichtet vollständig auf Alkohol, setzt mit ›cellreset‹ auf Zellregeneration, Hormonbalance und Anti-Aging und hält sich mit M.A.N.D.U. fit. »Ich möchte schon gern alt werden«, verrät sie, »aber nur, wenn die Lebensqualität passt! Voriges Jahr hat mein Körper Schwächen gezeigt und dann habe ich mir gedacht: mit mir ned! Jetzt schau ich gut auf mich und – wie man sieht – funktioniert’s!« Auch für meine Niereninfektion hat die 68-Jährige gleich einen mütterlichen Rat parat, empfiehlt mir Topfenwickel, die ihr selbst schon bei so mancher Entzündung geholfen haben und mahnt mich ernsthaft mit erhobenem Zeigefinger, gut auf meinen Körper zu achten.

Das neue Gesundheitsbewusstsein steht ihr gut, trotzdem bleibt die Künstlerin nicht lange ernst. Die erste Wuchtel bekommt der Kellner ab, der höflich fragt, ob sie noch Wünsche hat. »Jaaa, du könntest mich draußen ein bisserl spazierentragen«, kommt es scheinbar völlig ernstgemeint und wie aus der Pistole geschossen zurück, was bei dem jungen Mann gleich für einen ordentlichen Flush sorgt. Die Jazz Gitti lacht und das tut sie oft. Was ein bisserl überrascht, wenn man ihr Buch gelesen hat, in dem sie sehr offen über ihr Leben von Kindheit an erzählt. Eines, das beileibe nicht immer zum Lachen war, auch wenn es von Martin R. Niederauer kurzweilig niedergeschrieben wurde. Während man da die kleine Martha Bohdal durch ihre jungen Jahre im Nachkriegswien und später nach Israel begleitet, kann man vor lauter Anteilnahme schon die eine oder andere Träne zerdrücken.

Und dann sitze ich im Kaffeehaus leibhaftig neben ihr, dem menschgewordenen Star meiner eigenen jungen Erwachsenenjahre, in denen ich ihre großen Hits wie ›A Wunda‹ oder ›Kränk di ned‹ lauthals mitgeplärrt habe. »Natürlich ist es nicht mehr so wie früher«, erinnert sich die Jazz Gitti an die goldenen Zeiten des Austropop, in denen Künstler auch hierzulande für eine Lokaleröffnung fünfstellige Beträge kassiert haben und noch richtig viele Schallplatten und CDs verkauft wurden. »Heute wird man an Downloads gemessen und um von der Kunst halbwegs leben zu können, muss man richtig Gas geben.« Aber das ist für jemanden, der sein Leben sowieso in Vollgas-Intensität lebt, kein Problem, weil der Job nicht Arbeit, sondern Leidenschaft für sie bedeutet. »Das einzige, was ich will, ist singen und die Leute unterhalten«, sagt die Jazz Gitti im Brustton der Überzeugung und erzählt von Konzerten, in denen sie auch die trockensten Manager zum Schunkeln und Mitsingen motiviert.

Das ist es, was sie glücklich macht und wofür sich alle Anstrengungen des Schlagerbiz auch heute noch lohnen. Dabei vergisst die Künstlerin nicht, auch gleich ein Lanze für ihren langjährigen Begleiter und Manager Roman Bogner zu brechen, dem sie viel verdankt. Nicht zuletzt die Idee, ihre Erinnerungen in Buchform zu fassen. Erinnerungen an eine Kindheit in der Wiener Leopoldstadt, an ein Leben in Isreal im Schoß der jiddischen Familie, wo sie dann auch Herrn Butbul, den Vater ihrer Tochter Shlomit heiratete und hoffte, mit ihrer kleinen Familie zur Ruhe zu kommen …

Fotos: ArtFotos, Karl Schrotter

Lesen Sie den ganzen Artikel in der Herbstausgabe 2014

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