Hofübergabe – Aus Balz wird Geier

Erst kürzlich machte ein Bildband von sich reden, der ebenso eindrucksvoll wie betrüblich zeigte, wie viele Betriebsgebäude im Weinviertel leer stehen und mit den Jahren einsam und ungenützt langsam verfallen.

Umso mehr freut es uns deshalb, heute eine schöne Geschichte zu erzählen, die gut erhält, was uns gefällt.

Erzählt von Lilly Dippold

Ein jeder, der schon mal über den Korneuburger Hauptplatz spazierte, kennt sie. Die Café-Konditorei Balz, gekonnt und mit viel Feingefühl ins jahrhundertealte denkmalgeschützte Stadthaus intregriert, mit ihrem großzügigen Schanigarten, der — kaum dass die ersten Vöglein den Frühling herbei-zwitschern — schon zum Freiluftgenuss einlädt. Das Italo-Feeling, im Sommer durch das legendäre hausgemachte Eis noch verstärkt, zieht seit Jahrzehnten nicht nur die vielen Stammgäste an. Balz, das ist ein bisschen Teil der Korneuburger Heimat.
Bruno Balz führte das Café, das 1889 gegründet wurde, bereits in vierter Generation. Mit viel Know-how und vor allem mit ebensoviel Liebe wie seine Frau Gabi. Nicht nur mit dieser Liebe zum Beruf, sondern auch mit Verantwortungsgefühl, Menschlichkeit und viel Herz für seine Mitarbeiter, die mitunter schon jahrzehntelang ihren Beitrag dazu leisten, dass sich die Gäste hier so heimisch fühlen.

Und genau das hat das Unternehmerpaar nun bewogen, einen großen Schritt zu tun. „Wir haben keine Kinder, die den Betrieb einmal übernehmen werden, und mittlerweile kommen wir in ein Alter, wo schließlich jeden Tag etwas passieren kann“, sinniert Bruno Balz, der zusammen mit seiner Gabi mit hohem persönlichen Einsatz hier tagaus und tagein für das Wohlfühlen der Gäste gesorgt hatte. „Ich habe für achtzehn Mitarbeiter die Verantwortung und möchte nicht, dass sie eines Tages auf der Straße stehen, weil ich mir keine Gedanken um sie gemacht habe“, so der 65-Jährige, der sich nun auf ruhigere Tage freuen darf. Denn mit 1. März haben Gabi und Bruno Balz die Geschicke ihrer Café-Konditorei in kundige Hände gelegt: Erika und Gerald Geier von der Weinviertler Traditionsbäckerei Geier, werden den Korneuburger Betrieb nun weiterführen. „Wir hätten uns keine besseren Nachfolger wünschen können“, schwärmt Gabi Balz, die anfangs schon Mühe hatte, sich an den Gedanken eines Rückzugs zu gewöhnen. „Schließlich habe ich hier so schöne Jahre verbracht und viel Energie und Kraft investiert. Aber zu wissen, dass unser Betrieb in so gute Hände kommt, ist mehr als beruhigend für mich.“

Tatsächlich sind die Parallelen der beiden Unternehmerpaare deutlich sicht- und spürbar. Beide Geschäfte werden als Familienbetriebe geführt und das Wohl der Mitarbeiter liegt ebenfalls beiden sehr am Herzen. So ist man bei Balz froh darüber, dass die gesamte Belegschaft unter der neuen Führung übernommen wird, auch die Stammgäste sind erfreut, dass sich auf den ersten Blick nicht viel für sie ändern wird.

Lediglich die Unternehmensgröße unterscheidet die beiden deutlich, was Bruno Balz für einen der wichtigsten Erfolgsgaranten für die Zukunft hält. „Heutzutage ist es für einen inhabergeführten Klein- und Mittelbetrieb in unserer Branche schon fast unmöglich, alleine zu existieren, und die Aussichten werden wohl in Zukunft nicht besser“, ist der Konditor überzeugt.

Gerald Geier hat diese Zukunftsperspektive schon erahnt, als er den elterlichen Betrieb übernommen hatte. „Wir wollten nie zwanghaft wachsen, um die Größten zu werden. Aber mir war klar, dass eine gewisse Unternehmensgröße erforderlich sein wird, um am Markt zu überleben.“

Mittlerweile betreiben Erika und Gerald Geier erfolgreich schon einige Cafés im Weinviertel, „allein insgesamt 16 Konditorei- und Bäckerbetriebe haben wir im Laufe der Jahre übernommen, weil es keine Nachfolger im Unternehmen gab. Uns ist aber sehr wichtig, dass die Infrastruktur auch in den kleineren Ortschaften für die Menschen erhalten bleibt“, so Erika Geier, die mit viel Liebe und gutem Geschmack für das Wohlfühlambiente in den Geier-Cafés sorgt. Und dabei auch gleich gute Nachrichten für die Balz-Stammkunden hat: „Wir werden gar nicht viel verändern und selbstverständlich wird es sowohl Illy-Kaffee wie das beliebte Balz-Eis auch weiterhin geben. Ein paar Geier-Klassiker, wie auch unsere Vital-Palette werden das gewohnte Balz-Sortiment künftig ergänzen.“

Ein Inhaberwechsel wie aus dem Bilderbuch, was nicht weiter wundert, denn bei den beiden Familien stimmt einfach auch die Chemie. Und so dürfen sich alle Korneuburg- und Balz-Fans freuen, dass hier nicht ein leerstehendes Lokal den schicken Hauptplatz verunziert oder gar der beliebte Kaffeehaus-Charme einem Diskonter weichen muss, sondern man hier auch weiterhin — sobald die Vogerl den Frühling ankündigen — wie gewohnt Italo-Feeling bei gutem Kaffee und Mehlspeisen am Hauptplatz genießen kann.

Wein4tlerin: Ausgabe 01/17
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