Doris & Stefan Schmidt: Landleben

Es ist noch gar nicht so lange her, da konnte die Jugend nicht schnell genug dem Landleben entfliehen.

Raus aus der ländlichen Langeweile, rein ins aufregende Großstadtgetümmel. Doch das Blatt hat sich gewendet und immer mehr junge Menschen bleiben. Übernehmen Familienbetriebe und leben ihre Visionen im Abenteuer Landwirtschaft aus.

ERZÄHLT VON LILLY DIPPOLD

 

So wie Stefan Schmidt aus Stockerau, der während seiner Schulzeit zwar weniger Affinität zur elterlichen Landwirtschaft verspürte als zu Chemie oder Geometrie, und deshalb erst einmal seine AHS-Matura machte. Als der Vater dann irgendwann leise anfragte, ob und zu welchen Bedingungen Stefan sich eine Nachfolge am Hof vorstellen könnte, schien das dem 19-Jährigen plötzlich gar nicht mehr so abwegig.

Zumal das erste Abenteuer Landwirtschaft ganz gut anlief: Denn Stefan Schmidt machte sich überraschend flott zusammen mit einem Freund mit Bio-Beeren einen Namen in der heimischen Lebensmittelbranche. 14.000 Himbeerpflanzen und 5.000 Ribiselstauden brachten schon damals erstklassige Bioqualität auf den Markt, die von Wien bis Bregenz und sogar ins benachbarte Deutschland geliefert wurde. Doch das sensible Obst verlangte nach großem Aufwand – sowohl in der Pflege und Ernte, als auch was die Logistik und den sicheren und raschen Transport betraf. Und so ging die Bio-Beeren-Erfolgsstory eines Tages wieder zu Ende.

Schließlich wartete ja auch schon das nächste Abenteuer, denn Stefan erklärte sich bereit, die elterliche Landwirtschaft zu übernehmen, sie allerdings auf einen Bio-Betrieb umzustellen. Für das Studium der Agrarwissenschaft an der Universität für Bodenkultur in Wien blieb da wenig Zeit und so entschloss sich der Jungbauer lieber zur landwirtschaftlichen Ausbildung, die er mit der Meisterprüfung abschloss. „Das war mir schon wichtig, um mit einem fundierten Wissen ans Werk zu gehen, auch wenn ich viel von meinem Vater und älteren Kollegen gelernt habe“, erzählt der junge Landwirt, der heute immerhin gut 135 Hektar Agrarland im Haupterwerb bewirtschaftet.

Angebot & Nachfrage

Dabei blieb ihm die Abenteuerlust bis heute erhalten, der der zweifache Vater letztlich auch seine große Flexibilität verdankt. So wurde etwa ein Zuckerrübenprojekt kurzerhand wieder ad acta gelegt, weil es sich als zu aufwändig und wenig rentabel erwies. Kurz darauf öffnete sich jedoch gleich eine neue Tür mit einer Anfrage nach Popcorn-Mais, einer speziellen Maissorte, die sich für das beliebte Kinofutter eignet. Also baute Stefan kurzerhand die gewünschte Maissorte an.

Eine Strategie, der das innovative Paar auch weiterhin treu bleiben möchte. So wurde auf einem Teil der Schmidt-Felder heuer erstmals der gefragte Lebensmittelhanf angebaut, außerdem wachsen auf den Stockerauer Äckern auch Frühkartoffel, Ölkürbis für das begehrte steirische Kürbiskernöl, Gerste, Weizen und Triticale, eine Kreuzung aus Weizen und Roggen.

Ein Schwerpunkt der Landwirtschaft liegt auf der Saatgutvermehrung von Mais, Getreide und Leguminosen wie Ackerbohne und Erbsen. „Dabei ist eine besonders saubere und sorgfältige Arbeitsweise wichtig, und wir haben uns damit schon einen guten Namen in der Branche gemacht“, freut sich der Landwirt über ein einträgliches und vor allem wichtiges Standbein seiner Landwirtschaft. Schließlich sind die wirtschaftlichen Risiken enorm: Dürreschäden schon in diesem Sommer bei Erdäpfeln, denn nur rund ein Viertel der Anbaufläche kann bewässert werden, um das Schlimmste zu verhindern.

„Wie sich das Getreide entwickelt hat, warten wir noch ab, aber von befreundeten Landwirten hört man nichts Gutes“, trägt Stefan Schmidt die Wetterkapriolen dieses trockenen Sommers mit aller gebotenen Demut, denn auch der Kürbis lechzt schon dringend nach Wasser.

„Es gibt eben gute Jahre und schlechte Jahre“, wischt er aufkeimenden Frust mit einem Augenzwinkern beiseite. „Wenn ich mich an das Hochwasser in 2013 erinnere, wo unsere Felder in der Stockerauer Au komplett unter Wasser standen, dann besinnt man sich auf die wirklich wichtigen Dinge: Meine großartige Frau, zwei gesunde Kinder … “.

BIO-Familie

Nicht nur die eigene Familie schätzt Stefan Schmidt hoch, auch im Kreise der österreichischen Bio-Szene fühlt er sich besonders wohl. „Da gibt es keinen Neid, alle gehen ehrlich und wertschätzend miteinander um, der Erfahrungsaustausch ist sehr konstruktiv und es herrscht eine harmonische Gemeinschaft zum Wohl der Sache. Das tut gut!“

Unter den Bio-Landwirten hat sich schon so manche Freundschaft ergeben und auch Synergien tun sich immer wieder auf. Doris Schmidt träumt davon, eines Tages, wenn die Kinder größer sind, vielleicht einen eigenen Hofladen zu betreiben. Kontakte gibt es jedenfalls schon genügend und es werden täglich mehr, denn die gemeinsame Vision einer gesunden Landwirtschaft zum Wohle aller schweißt die Bio-Familie gut zusammen.

Im Moment aber bleibt der Ab Hof-Verkauf eine Vision, denn das Paar hat erst im Frühling den neuen Betrieb bezogen und da gibt es noch viel zu tun. Vom ehemaligen Sitz im Herzen von Stockerau ist die junge Familie in die Senninger Straße an den Stadtrand gezogen, ringsum vom eigenen Land umgeben.

Vieles ist seither einfacher geworden, freut sich vor allem Stefan, der nun den Betrieb und das Privathaus verbinden konnte. Ein Vorteil für die ganze Familie, so sind auch die Kinder in die Landwirtschaft miteinbezogen und genießen es, zusammen mit der Mama auf dem Traktor über die Felder zu fahren oder dem Papa beim Erdäpfeleinsackeln zu helfen …

Aus der Wein4tlerin Herbst 2017

 

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