Die Rache der Mundart

Aus einer „Hochsprache“ eine Mundart abzuleiten ist – wie der Name schon sagt – eine Kunst (Mund-Art vom lateinischen „ars“)! Wie so viele Dinge ist auch die Sprache den Änderungen und Umständen der Zeit ausgesetzt. Sie kann sich in kühnste Höhen entwickeln, sie kann sich zivilisieren und – wenn man sich diverse Wahlkämpfe anschaut – auch verrohen.

ERZÄHLT VON JIMMY SCHLAGER

 

Sie ist auch nicht gefeit vor Modeeinflüssen. Und während sich Karl Kraus am Beginn des 20. Jahrhunderts noch fürchterlich über die „Verfranzösisierung“ der deutschen Sprache ärgerte („der Flugsand der französischen Sprache, der jedem Tropf in die Hand weht …), kann von uns heute die „Verenglischung“ nur noch akzeptiert werden. Und kaum haben wir uns daran gewöhnt, dass Nachrichten „News“ sind und wir in der „Timeline“ ein paar „Posts“ übersehen haben, schleicht sich schon der nächste Virus in unser sprachliches Immunsystem: Das „Hochdeutsch“ bedroht uns. Und mich besonders …

Meine Kinder reden in einer Sprache, die sie von mir nicht zu hören kriegen. Sie erhören sich das von den Kindersendungen im Fernsehen, bei denen ich den Eindruck habe, dass sie mir von den diversen Fernsehanstalten mit höllischer Absicht „z’fleiß g’macht“ werden. Ich halte zwar mit brachialem Dialekt dagegen, aber bei „lecker“ hab ich schon kapituliert …

Hochdeutsch … wenn ich das schon höre … Schon der Begriff ist irreführend! Lässt er uns doch in dem Glauben, dass dies im hohen deutschen Norden entwickelt wurde. Aber genau das Gegenteil ist der Fall: Hochdeutsch wurde im geographisch höher gelegenen Süden entwickelt und gesprochen, also in der Schweiz, in Bayern und in Österreich, also just da, wo es heute vor Dialektsprachen nur so wimmelt. Im Norden Deutschlands wurde das aus dem Holländischen kommende, und nach der flachen Gegend benannte „Platt“ gesprochen, das „Plattdeutsch“ sozusagen. Umgelernt haben die dann erst nach dem Erscheinen der Luther-Bibel, die auf Hochdeutsch gedruckt wurde und die damals eben alle lesen wollten.

Aber was hab ich von dem Wissen? Leider nix. Ich bin aber auch kein völkisch-nationalistischer „Heimatseiten“-Vollpumperer, der sich auf seine Identität und die damit verbundene Schnitzel mit Pommes Frittes-Fresser Kultur beruft. Mir sind die deutschnationalen Eierschädel und sozialen Heimatbewahrer mindestens so zuwider wie deren rechtsradikales und menschenverachtendes „Mir-san-mir“- Gedankengut.

Ich bin halt nur ein Romantiker. Und sensibel bin ich auch. Und deshalb leide ich dialektisch vor mich hin unter den Versuchen die Sprache meiner Kindheit zu „verhochdeutschen“.

Aber ich bin nicht ganz hoffnungslos! Denn eines weiß ich mit Sicherheit: Es wird nicht gelingen! Der Dialekt ist kräftig, direkt und schonungslos! Und es kann der hochdeutscheste Deutsche noch so korrekt sprechen, er wird nicht wissen was ich meine, wenn ich ihm sage, dass ich gerade „ums Oaschlecken“ den Zug versäumt habe!

Jimmy Schlager, ewig Euer

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