Zwiebelmanufaktur: Tolle Knolle

Sie blickt schon auf eine jahrtausendelange Geschichte zurück – war doch die Speisezwiebel bereits rund 2.000 vor Christus im alten Ägypten als Gewürz-, Gemüse- und Heilpflanze bekannt.

Auch bei den Sumerern, Babyloniern, Griechen und Römern finden sich zahlreiche Hinweise auf die Verwendung der Gemüsezwiebel (Allium cepa L.), die es über die Jahrtausende auch ins Weinviertel geschafft hat, wo sie sich im pannonischen Klima des Laaer Beckens besonders wohl fühlt. Jedenfalls  seit die sumpfigen Böden durch die Regulierung der Thaya um 1850 drainagiert wurden, erweisen sich die schwarzen, humusarmen Sandböden hier als optimal für den Anbau der Zwiebel.

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In vierter Generation hat sich auch Zwiebelbauer Gerhard Eigner ganz der würzigen Knolle verschrieben und weiß viel Interessantes über das scharfe Gemüse zu berichten, das ihn seit Kindesbeinen begleitet. »Zwiebel braucht eine gewisse Tageslänge mit Sonnenstunden und warme Böden, um gut zu gedeihen. Unsere drainagierten Felder erwärmen sich durch die schwarzen Böden sehr schnell, deshalb findet die Zwiebelpflanze bei uns ideale Bedingungen«, erklärt er uns. »Obwohl das Laaer Becken durch die Pulkau-Thaya-Regulierung entwässert wurde, kann es bei starken Regenfällen passieren, dass man hier gleich mitsamt dem Traktor einfach im Feld versinkt!«

Und tatsächlich, als wir die Zwiebelfelder einen Tag nach den starken Regenfällen besichtigen, muss die Wein4tlerin trotz einiger Sonnenstunden immer noch gut darauf achten, wohin sie tritt, um nicht bis zum Knöchel in der schwarzen Erde einzusinken. Doch die oberste Bodenschichte fühlt sich dank dem Sonnenschein schon wieder trocken und warm an. Ja, so mag die Zwiebel das!

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Dass Klima und Böden hier besonders gut für die Zwiebelpflanze sind, wirkt sich schlussendlich auf ihre Qualität aus. Denn unter diesen optimalen Bedingungen reift die Speisezwiebel im Land um Laa voll aus. Der erfahrene Zwiebelbauer erkennt dies daran, dass die Pflanze den Lauch oberhalb der Knolle umknickt  und zu Boden fallen lässt. Dabei wird ein spezielles Phytohormon ausgeschüttet, das der Zwiebel signalisiert, die Keimruhe anzutreten. Erst wenn dieser natürliche Prozess vollendet werden kann, wird eine feste, harte Zwiebel mit perfekter Schalenstärke geerntet. Und tatsächlich – die Zwiebeln, die wir zum Test drücken dürfen, sind hart wie Stein und nur von einer hauchdünnen braunen Schalen umgeben, die nicht abblättern. So muss also Zwiebel sein …

Wächst die Gemüsezwiebel nicht unter solch perfekten Bedingungen heran, kann es passieren, dass dieser natürliche Prozess durch die Ernte unterbrochen werden muss. Die Knolle ist dann deutlich weicher, ihre Schalen sind dicker und die Hälse, die wir als Konsumenten ja nur mehr ansatzweise erkennen können, sind nicht mehr so schlank. Natürlich erwächst so eine Zwiebel dann auch nicht in ihrem vollen Geschmack.

Wer nun die perfekte Zwiebel aus der Genussregion Laa mit nach Hause nimmt, sollte jetzt auch auf die richtige Lagerung achten, damit die Zwiebel – die ja lange lagerfähig ist – nicht an Qualität einbüßt. »Viele lagern Zwiebeln und Erdäpfel gemeinsam«, erzählt Gerhard Eigner aus seinem Erfahrungsschatz, »aber das ist keine gute Idee, denn Erdäpfel geben beim Lagern Feuchtigkeit ab, die die Zwiebel bekanntlich gar nicht mag. Dadurch wird sie weich und kann dann sogar auch schimmeln. Die Zwiebel mag es luftig, man kann sie – wie man das von den Knoblauchknollen kennt – auch aufhängen, das wäre ideal. In jedem Fall aber muss sie luftig und nicht zusammen mit
Erdäpfeln gelagert werden, damit sie ihre Qualität lange behält.«

Obwohl die Region um Laa an der Thaya so ideale Heimat für die Zwiebelpflanze ist, hat sich die Zahl der Landwirtschaften in den letzten Jahrzehnten dramatisch reduziert. Nur mehr eine Handvoll Bauern befassen sich hier mit ihrem Anbau. Familie Eigner bewirtschaftet insgesamt sieben Hektar, die in guten Jahren einen Ertrag von rund 30 Tonnen pro Hektar bringen. Dem Landwirt bleiben beim Verkauf in den Handel übrigens gerade mal 15 Cent pro Kilo!

IM KREISLAUF DER NATUR
Nicht gerade üppig, vor allem gemessen am hohen Arbeitsaufwand. Geerntet wird die Zwiebel im August und September, danach müssen die Felder für die nächste Aussaat vorbereitet werden. Dabei wird nicht nur klassisch gepflügt – »Beim Zwiebel wird altes Pflanzenmaterial nicht in den Boden gehäckselt, sondern das Stroh der Pflanzenhälse muss sorgfältig entfernt werden. Sonst kann es passieren, dass im nächsten Jahr die Samen von abgestorbenen Pflanzenresten eingehüllt werden und so nicht genügend Wasser und Bodenschluss bekommen«, erzählt Gerhard Eigner von aufwändiger Landwirtschaft. Fünf Jahre Pause sollte man einem Zwiebelacker gönnen, um die Qualität hochzuhalten. »Intelligente Kulturführung bedeutet unter anderem sinnvolles Management der Fruchtfolge. Hier muss auch der überbetriebliche Tausch von Anbauflächen gut geplant werden. Zwiebel ist da als Vorfrucht für Weizen sehr beliebt, wir wiederum ernten hervorragende Qualität von Feldern, auf denen lange kein Zwiebel angebaut wurde.« Im März werden dann rund 750.000 Samen pro Hektar in Exaktablage ausgebracht und bis in den Herbst gehegt und gepflegt.

HEILSAME KNOLLE
Angebaut werden hier neben weißer auch rote Zwiebel. Wenngleich beide annähernd gleich scharf sind, ist die rote Zwiebel mitunter etwas fruchtiger im Geschmack und enthält etwa doppelt so viele Antioxidantien, als jede andere Sorte, darunter das Flavonoid Quercetin und das Polyphenol Anthocyanin, die die Oxidation von Fettsäuren in der Nahrung und in den Zellen verhindern und freie Radikale blockieren. Damit kommt Zwiebel auch zur Vorbeugung von Krebs und chronischen Entzündungen ins Gespräch.

Der hohe Gesundheitswert der Knolle, die uns so oft zum Weinen bringt, liegt aber auch an ihrem besonders hohen Gehalt an ätherischen, schwefelhaltigen Ölen wie Allicin, das für die typische Reizung unserer Schleimhäute verantwortlich ist.

Als pflanzliches Antibiotikum wirkt die Zwiebel in Mund und Verdauungstrakt entzündungshemmend und keimtötend. Aus den Schwefelverbindungen entsteht Cystein, das im Organismus zum körpereigenen Super-Entgifter Glutathion verwandelt wird, das Zellmembranen und körpereigene Proteine ebenfalls vor freien Radikalen schützt. Es soll sogar Schwermetalle aus dem Körper leiten und Reparaturprozesse nach DNA-Schäden einleiten können und damit die Entgiftung des Körpers maßgeblich unterstützen.
Wie Knoblauch soll auch Zwiebel für gesunde Blutgefäße sorgen und damit Herz-Kreislauf-Problemen vorbeugen. Die enthaltenen Schwefelverbindungen senken außerdem den ›bösen‹ LDL-Cholesterinspiegel und die Produktion von körpereigenem Cholesterin in der Leber sowie die Blutfettwerte, sollen aber gleichzeitig HDL-Cholesterin erhöhen und damit insgesamt positiv auf die Cholesterin-Bilanz wirken. Ein weiteres Highlight der Zwiebel ist ihr Chrom-Gehalt, der für einen ausgeglichenen Blutzuckerspiegel sorgt.
Die antioxidativen Flavonoide sind vor allem in den äußeren Schichten der roten Zwiebel enthalten. Wer die ersten Zwiebelschichten schält, verliert also viele der wichtigen Vitalstoffe. Daher sollte besser so viel wie möglich der äußeren fleischigen Schalen verwendet werden. Einige der Anthocyane gehen beim Kochen verloren, wertvolles Quercetin geht allerdings in die Brühe über. Wichtig: Je geringer die Hitze ist, desto mehr Nährstoffe bleiben beim Kochen erhalten. Wer Zwiebel roh nicht gut verträgt, kann sich mit einem Trick von Gerhard Eigner behelfen: Ein Stückchen Ingwerwurzel beigefügt macht Zwiebel vielfach verträglicher!

ZWIEBELMANUFAKTUR
Beim Kochen mit Zwiebel kennt sich der Hanfthaler Experte nämlich ebenfalls aus. Schon seit zehn Jahren wird hier rote Zwiebel zur legendären Zwiebel Marmelade verkocht. Die ist allerdings nicht fürs Frühstücksbutterbrot gedacht, sondern würzige Beilage zu Fleischspeisen.

Mit großer Hingabe entwickelt Gerhard Eigner weitere Produkte aus der heilsamen Knolle, so wird hier seit drei Jahren schmackhafter Zwiebel-Essig erzeugt – aromatisch im Eichenfass gereift und mit typischer Würze ein besonderes Geschmackserlebnis. Die neueste Entwicklung in der Manufaktur ist Zwiebel-Pulver, das aus schonend getrockneten Zwiebelstücken gemahlen wird und dabei mit dem natürlichen Aroma von Röstzwiebeln besticht. Wenn man den Zwiebel-Fachmann nach weiteren Plänen
fragt, grinst dieser verschmitzt: »Ich habe noch einige Produktideen, die auf ihre Realisierung warten …!« Da könnte etwa sein Lieblingszwiebel-Gericht, eine Zwiebelsuppe auf ganz andere als französische Art als nächstes ins Glas gebracht werden. »Ich habe sie schon einige Male bei Events kredenzt und sie kam immer sehr gut an«, verrät Gerhard Eigner, der trotz vieler Ideen lieber einen sorgsamen Schritt nach dem anderen macht.
So wurde kürzlich zusätzlich zum Ab Hof-Verkauf in Hanfthal (2136 Hanfthal 6, Tel: 02522 2506) in Laa an der Thaya ein Selbstbedienungsshop (Venusstraße 26) eröffnet. Hier gibt es an sieben Tagen der Woche neben frischen Zwiebeln und Erdäpfeln aus eigener Produktion, Eier, Zwiebelmarmelade und Zwiebelessig zu Ab Hof-Preisen abzuholen. Fairplay: Das Entgelt wird hier einfach in die Kassa eingeworfen. »Der Shop ist sehr gut frequentiert, in Laa nimmt man diese zusätzliche Serviceleistung gerne an. Und nur ganz selten kommt es vor, dass jemand etwas mitnimmt, ohne zu bezahlen«, freut sich Gerhard Eigner, dass er seinen Shop unkompliziert und ohne teure Personalkosten betreiben kann.

So kommt man am Zwiebelhof Eigner überhaupt ganz ohne Fremdpersonal aus, denn die Familie hält fest zusammen. Papa Eigner ist mit seinen siebzig Jahren noch sehr aktiv, Mama Eigner ist die unangefochtene Marmeladen-Königin und wenn mehr Hände gebraucht werden, ist auch der Bruder zur Stelle. Gerhard Eigner, der bislang auch in der Agrarverwaltung tätig war, widmet sich nun voll dem Zwiebelgeschäft. Schließlich steigt die Nachfrage laufend und die neuen Ideen drängen auch schon ins Glas. Man darf also schon sehr gespannt sein auf Neuigkeiten aus der Zwiebel Manufaktur, die es in Kürze auch online zu besuchen gibt.

aus der Wein4tlerin Herbst 2014

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