Next generation: Daniela Friedl

Im Retzer Modehaus Friedl wird die Hofübergabe eingeläutet. Vor wenigen Tagen ist Daniela Friedl im Traditionsunternehmen eingestiegen und bereitet sich nun unter den schützenden Fittichen von Christa und Kurt Friedl auf die Übernahme des Betriebs vor. Böse Zungen könnten vom gemachten Nest munkeln, doch die zukünftige Nachfolgerin hat sich ihre Entscheidung nicht leicht gemacht und ist sich der bevorstehenden Verantwortung sehr bewusst.

Wirtschaftspädagogik hat sie studiert und lange Zeit eine eigene Steuerberatungskanzlei angepeilt. In einschlägigen Jobs hat Daniela Friedl praktische Erfahrungen gesammelt und dabei den Kanzleialltag in all seinen Facetten kennengelernt. „Der Beruf ist zweifellos sehr interessant, aber letztlich konnte ich es mir doch nicht vorstellen, jeden Tag im gleichen Büro immer nur vor dem Computer zu sitzen, oft unter Druck zu arbeiten und das immer nur in den gleichen vier Wänden“, so ihr Fazit. Wie für viele junge Menschen war es auch für die Kleinhöfleinerin nicht so einfach, ihren beruflichen Platz zu finden.

Während des Studiums hatte es die junge Weinviertlerin zusammen mit ihrem langjährigen Freund Manuel Friedl nach Wien verschlagen. Von einer Übernahme des elterlichen Betriebs war da noch lange keine Rede, auch wenn Daniela während des Studiums immer wieder im Modeunternehmen aushalf und in den Ferien mitarbeitete. Das bunte Großstadtleben gefiel den beiden sehr und sie fühlten sich mit den schier unerschöpflichen Möglichkeiten hier rundum wohl. Als sie jedoch beschlossen, eine Familie zu gründen, rückte das heimatliche Retzer Land wieder in ihren Fokus.

SOLL ICH ODER SOLL ICH NICHT?

Natürlich fragten sich Christa und Kurt Friedl mit den Jahren, ob eines ihrer Kinder das Unternehmen, das sie in dritter Generation übernommen und vom einstigen Gemischtwarenhandel zum namhaften Modeimperium mit insgesamt sieben Filialen in Retz, Hollabrunn, Mistelbach, Horn und Krems aufgebaut hatten. Es ist schließlich ein schönes Gefühl, wenn das eigene Lebenswerk in der Familie weitergeführt wird und man den Jungen auch eine gute wirtschaftliche Basis mitgeben kann. „Manuel dachte zwar darüber nach“, erzählt Daniela Friedl, „doch er konnte sich nur vorstellen, den Betrieb mit mir gemeinsam weiterzuführen. Und ich war eben lange Zeit auf meine Steuerberaterlaufbahn fixiert.“

Als sich aber im Hause Friedl junior Nachwuchs ankündigte, fielen die Entscheidungen rasch. Ein Hochzeitstermin wurde fixiert und Retz wurde zum neuen Lebensmittelpunkt auserkoren. „Dann pendelte ich von Retz nach Wien ins Büro und wenn ich auch die Zugfahrten nicht so schlimm fand, begannen doch einige Überlegungen für meine Zukunft“, erzählt Daniela Friedl. Sie lebte nun zwar in Retz, bekam aber nicht viel von ihrem ländlichen Lebensumfeld mit, denn wer in Wien arbeitet, morgens losfährt, erst abends wieder heimkommt und an den Wochenenden emsig mit Hausbau, Einrichten und Gartenarbeit beschäftigt ist, findet kaum Zeit, am lokalen Leben teilzunehmen. „Ich fühlte mich wie ein U-Boot, bekam überhaupt nichts mit und hatte meist nicht mal mehr Zeit, meine Freunde zu treffen. So wollte ich nicht leben!“ Als in Retz dann sogar eine Kleinkindergruppe eröffnet wurde, war das wohl schon ein weiterer Wink des Schicksals.

REGIONALE VERANTWORTUNG

Mit der Entscheidung, hier zu leben, rückte nun auch die Übernahme des Familienbetriebs für Daniela Friedl in ein neues Licht. „Schlagartig wurde mir klar, dass es extrem schade wäre, wenn die Arbeit meiner Schwiegereltern nicht fortgeführt würde.“ Und zunehmend wurde sich die junge Mutter auch der Verantwortung bewusst, die Unternehmer gegenüber ihren Mitarbeitern, aber auch gegenüber der Region haben. „Wenn wir wollen, dass Retz eine lebendige, lebenswerte Stadt mit tollen Möglichkeiten ist, müssen wir selbst dazu beitragen. Wir müssen diese Angebote schaffen, aber wir müssen sie natürlich auch selbst nutzen, damit das Überleben der lokalen Unternehmen gesichert bleibt“, ist Daniela Friedl überzeugt, räumte damit auch gleich ihre eigenen Zweifel aus dem Weg und stellt sich nun seit Mitte November mutig und sehr motiviert den neuen Herausforderungen als Nachfolgerin im Zeichen der Mode. „Ich möchte damit auch meinen Beitrag leisten, dass die Stadt in der wir leben, lebenswert ist und ich möchte sie mitgestalten.“

Alles was man wirklich will, flutscht!

Wirtschaftliche Kompetenz bringt sie ja reichlich durch ihre Ausbildung und Berufspraxis mit und das Know-how rund um Mode, Einkauf, Materialien, Schnitte und Looks wird sich Daniela Friedl nun sukzessive aneignen. Christa und Kurt Friedl nehmen die Schwiegertochter nun behutsam unter ihre Fittiche und werden ihr mit großer Freude ihre Erfahrungen und ihr langjähriges Know-how mit auf den Weg geben. „Im Moment fühle ich mich nicht wie die nachfolgende Unternehmerin, sondern wie ein Lehrling“, lacht sie, bereit alles Neue begierig aufzunehmen. „Das fällt mir leicht, denn alles, wofür man sich wirklich interessiert, flutscht einfach! Und es ist ja nicht so, dass ich von heute auf morgen allein hier für alles verantwortlich bin“, zeigt sich die Juniorchefin erleichtert. „Es wird ein fließender, sanfter Übergang werden, der mir genügend Zeit gibt, mich hier gut einzuarbeiten und alles zu erlernen, was mir fehlt“, ist sie zuversichtlich und zupft, schon ganz im neuen Berufsleben angekommen, im Vorübergehen die Mütze der Schaufensterpuppe zurecht.

Wir müssen lernen zu hinterfragen, wie eine Hose nur zehn Euro kosten kann!

Volle Unterstützung erfährt Daniela Friedl auch von den insgesamt 34 Mitarbeiterinnen des Unternehmens, denn alle sind froh, dass der Fortbestand mit dem Eintreten der Schwiegertochter nun gewährleistet ist und freuen sich auf die Zusammenarbeit mit ihr. Kein Wunder, denn die Nachfolgerin ist ein Fan vom kooperativen Führungsstil und sieht sich selbst als Teil des Teams. „Wir werden gemeinsam am Erfolg des Unternehmens arbeiten – mir ist der Wert unserer langjährigen Mitarbeiterinnen sehr bewusst und ich schätze jede einzelne von ihnen sehr!“

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WERT(E)VOLL LEBEN

Nicht erst seit der Geburt ihrer Tochter ist es für Daniela Friedl wichtig, ihre Werte zu leben. „Das ist für mich auch beruflich unverzichtbar – im Umgang mit unseren Mitarbeiterinnen wie auch mit Kunden.“ Die authentische Linie von Christa und Kurt Friedl wird damit fortgesetzt, denn auch sie setzen schon seit Jahrzehnten auf persönliche Werte, hohe Moral und Kommunikation. Egal ob es dabei um den ehrlichen Umgang miteinander, um die soziale Qualität im Team oder um den persönlichen Kontakt zu Kunden geht.
Auch weiterhin wird man den Qualitätslevel bei Friedl Mode beibehalten und darauf achten, wo und wie Waren produziert werden. „Schließlich muss man sich doch auch als Konsument überlegen, wie es möglich sein kann, dass eine Hose im Geschäft nur zehn Euro kostet“, fordert Daniela Friedl zu kritischem Hinterfragen auf. Sie selbst kauft ausschließlich regional ein und bestellt aus Prinzip niemals in Onlineshops, um die ansässigen Handelsbetriebe und Dienstleister zu stärken.

Es ist mir einfach wichtig, auch beruflich meine persönlichen Werte zu leben. Nachhaltigkeit, soziales Miteinander, Kommunikation und Ehrlichkeit sind für mich geschäftlich ebenso unverzichtbar.

Christa und Kurt Friedl freuen sich jedenfalls gleichermaßen darauf, mehr Zeit für ihre bezaubernden Enkelkinder zu haben, und der Schwiegertochter alles mit auf den Weg zu geben, was sie für die erfolgreiche Unternehmensführung braucht. „Und wir werden zur rechten Zeit auch loslassen können“, verspricht Kurt Friedl. Aber auch die vielen Stammkundinnen haben Grund zur Freude, denn Friedl wird auch weiterhin ›die Mode ins Retzer Land bringen‹ …

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