Georg Gilli: A Müh, a Ö, a guade Idee

460 Jahre Tradition sind kein Pappenstiel und natürlich ändern sich die Dinge im Lauf eines so langen Zeitraums. 80 Jahre nachdem sein Urgroßvater Ignaz Gilli die Mühle gekauft hat, hat sich Quereinsteiger Georg Gilli junior als findiger Senkrechtstarter in die österreichische Bio-Szene gepresst.

Mehl wird in der Gilli-Mühle, die idyllisch mit Blick auf den alten Wehrturm der Mittelalterstadt Eggenburg gleich neben dem großen Teich liegt, schon seit ein paar Jahren nicht mehr gemahlen. Wie in so vielen traditionellen Handwerksberufen wurde auch für den Müller Georg Gilli senior, der die Leitung der Mühle zur Jahrtausendwende von seinem Vater übernommen hatte, die wirtschaftliche Situation immer schwieriger. Als ein Brand dann auch noch das oberste Stockwerk zerstörte, entschloss man sich 2004 schweren Herzens den Mühlenbetrieb stillzulegen und sich auf den Handel mit Getreide und Futtermittel zu beschränken.
 
Sohn Georg Gilli junior hatte nie an eine Fortführung des Familienbetriebs gedacht, weshalb es den jungen Wirtschaftsingenieur nach seinem Studium erst einmal nach Amstetten verschlug, wo er im Bereich Projektmanagement lehrreiche und interessante Jahre verlebte. Sein erklärtes Berufsziel war die Managementberatung, für die er hier vor allem praktische Erfahrung sammeln wollte. Als ihn 2013 der väterliche Ruf erreichte, doch ins Familienunternehmen einzusteigen, waren es dann trotzdem nur einige Überlegungen, bevor der Junior zusagte. Schließlich lebte er schon vier Jahre lang eine Fernbeziehung zwischen Eggenburg und Amstetten mit seiner langjährigen Freundin und heutigen Ehefrau und sein ursprünglicher Berufswunsch hätte noch weitere Praxisjahre und einen Wechsel in die Bundeshauptstadt erfordert. „Da entschloss ich mich, es zuerst einmal daheim zu versuchen. Wenn es nicht geklappt hätte, wäre ein Schritt zurück ins Management immer noch eine mögliche Alternative gewesen“, erzählt der Newcomer in seiner Branche.
 
Während das Vermahlen von Getreide für ihn keine Option war, hatte er schon früher mit dem Betrieb einer Ölmühle geliebäugelt. Schließlich kommen zwei Drittel der Kürbiskerne für steirisches Kürbiskernöl aus der Region. Eine große Kundenanfrage nach Presskuchen aus Bio-Sonnenblumen für die Futtermittelherstellung spülte dieses Thema wieder an die Oberfläche.

Aus der Ölkrise zum Erfolg

Dieses vielversprechende Projekt hatte einen beträchtlichen Umbau der Mühle zur Folge und Georg Gilli, der Jüngere, war mit Feuereifer bei der Planung. Seine Idee war es, dabei auch Öle besonderer Qualität zu produzieren. Doch kurz bevor der fertige Einreichplan vorgelegt wurde, besann sich Georg Gilli auf seine Intuition: „Ich hatte plötzlich kein gutes Gefühl mehr bei der Sache, es gab einfach zu viele Haken an diesem Projekt“, erzählt er heute ohne Bedauern. Obwohl er damals schon ziemlich sauer war, weil er seinen Traum wie eine Seifenblase zerplatzen ließ.
 
„Dann habe ich meine Studienunterlagen hervorgeholt und mit mir selbst einen Strategie-Workshop abgehalten“, grinst der sympathische Jungunternehmer. Georg Gilli präsentierte das Ergebnis dann seiner Frau und seiner Schwester. „Ich wollte feine Öle aus biologischen, heimischen Saaten in kleine Flaschen füllen“ erinnert  er sich an die eigentliche Geburtsstunde von aÖ.
Das Konzept überzeugte auch die beiden Frauen und damit war der Startschuss für die Gilli’sche Ölproduktion gefallen.

Gut Ding braucht (mehr) Weile

Ein Jahr hatte Georg Gilli für Umbau und Restaurierung der alten Mühle veranschlagt, zweieinhalb Jahre wurden letztlich draus, was unter anderem der Quelle, die unter der Mühle verläuft, zu verdanken war. Doch wo ein Wille ist, ist auch ein Weg und so konnte im August 2015 dann endlich die erste Flasche Öl verkauft werden.
 
Das Sortiment besteht zurzeit aus Färberdistel-, Lein-, Sonnenblumen- und Leindotteröl in kleinen Flaschen und großer Qualität. Die schon eindrucksvoll bestätigt wurde, denn Georg Gilli reichte gleich drei seiner Öle bei der letzten Ab Hof-Messe in Wieselburg zur Bewertung ein. Mit großem Erfolg, denn Sonnenblumen- und Leinöl konnten sich vom Start weg unter sechzehn Mitbewerbern behaupten und Gold-medaillen einheimsen, sein Leindotteröl wurde von der Jury mit Silber prämiert.

Dialekt ist Heimat

Um die Regionalität seiner Produkte zu unterstreichen, wurde die Marke aÖ in Mundart kreiert. Denn regional ist nicht nur die Produktion, sondern auch der Rohstoff. „Ich möchte nur Öle aus Saaten pressen, die auch in der Region wachsen“, erklärt Georg Gilli sein Konzept. Man wird in Eggenburg künftig zwar weder Oliven- noch Kokosöl finden, an einer Erweiterung des Sortiments wird aber dennoch längst gefeilt.
 
So sollen etwa süß und scharf aromatisierte Öle die Palette bald ergänzen und auch weitere Rohstoffe, wie beispielsweise Hanf, sind für die Ölproduktion angedacht. Wenngleich im Moment kaum Zeit für weitere Entwicklungen bleibt.

Show-Mühle

Liebevoll und akribisch hat Georg Gilli die alte Mühle ihrer neuen Bestimmung zugeführt. Vier Stockwerke hat er geräumt, gesäubert und wieder in Stand gesetzt. Im obersten Geschoß residiert der Eggenburger Ölbaron in seinem Büro mit Weitblick. „Hier kann ich in Ruhe konzentriert arbeiten und neue Pläne schmieden.“
Wie etwa die Teilnahme an interessanten Events, die ihn bereits im ersten Halbjahr intensiv auf Trab gehalten haben. Denn jetzt muss schließlich dafür gesorgt werden, dass die Welt seine Speiseöle auch verkosten und kennenlernen kann, weil man diese besondere Qualität nämlich tatsächlich schmecken kann. Wer da abwinkt, weil er glaubt, den Geschmack von Sonnenblumenöl eh schon zu kennen, der wird beim Verkosten eine ebensolche Überraschung erleben wie wir! Ein  außergewöhnliches Geschmackserlebnis verwöhnt den Gaumen auf ganz neue Weise. Selbstverständlich in kaltgepresster Bio-Qualität, denn Nachhaltigkeit und die Verbundenheit mit der Region sind es, die Georg Gilli mit in seine Flaschen füllt.
 
Trotz Umbau ist vieles aus der traditionsreichen Mühle erhalten geblieben und erstaunt nun Besucherinnen und Besucher. Denn neben der Produktion von Speiseölen betreibt Familie Gilli hier auch eine Schaumühle, in der man sich über die aussterbende Zunft des Müllers umfassend informieren kann.
 
Altes Werkzeug und die vielen Familiengeschichten, die sich darum ranken, vermitteln Georg und Nicole Gilli in amüsanten Führungen (gegen Voranmeldung) durch ihr Mühlenmuseum.
Auch als Eventlocation soll die Gilli-Mühle später neue Bestimmung finden, neben den privaten Führungen stehen für heuer schon zwei Termine auf dem Programm – am 10 und 11. September mischen die Gillis beim Eggenburger Mittelalterfest mit einer besonderen Attraktion mit und in der Langen Nacht der Museen am 1. Oktober ist die Schaumühle ebenfalls mit von der Partie. An beiden Terminen kann man in der Gilli Mühle in des Müllers altes Gewerbe eintauchen, wenn die Gillis seine Geschichten erzählen, um ein Stück vergangener Tradition zu bewahren und unvergessen zu machen.
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